IT-Software-Architektur: Monolith vs. Microservices

Dennis Hahne • 26. Mai 2025

1. Einleitung


In einer zunehmend digitalisierten Welt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, IT-Systeme nicht nur stabil, sondern auch flexibel, skalierbar und wartbar zu gestalten. Die Architektur einer Softwareanwendung ist dabei von entscheidender Bedeutung: Sie beeinflusst Time-to-Market, Betriebskosten, Innovationsfähigkeit und langfristige Zukunftssicherheit.

Zwei gegensätzliche Architekturmuster dominieren die Debatte: der klassische Monolith, der durch seine zentrale Struktur und Einfachheit punktet, und die Microservice-Architektur, die durch modulare Autonomie, technologische Freiheit und horizontale Skalierbarkeit überzeugt.

Doch welche Architektur ist die richtige für ein Unternehmen? Wann lohnt sich ein Umstieg? Welche strategischen, technologischen und organisatorischen Voraussetzungen sind zu beachten?

Dieser Beitrag widmet sich einer fundierten, praxisnahen und strategisch orientierten Betrachtung beider Ansätze. Ziel ist es, IT-Verantwortlichen, Architekten und strategischen Entscheidern eine Orientierung zu bieten – jenseits von Trends und Hypes.



2. Der Monolith – Grundlagen, Nutzen und Herausforderungen

2.1 Was ist ein Monolith?

Ein Monolith ist eine Softwarearchitektur, in der alle Funktionen und Module in einem einzigen, meist zentralen Code-Repository organisiert sind. Die Anwendung wird als einheitliches Artefakt gebaut, deployt und betrieben.

Typische Bestandteile eines Monolithen:


  • Frontend / Benutzeroberfläche
  • Geschäftslogik
  • Datenbankzugriff
  • Hintergrundprozesse und Schnittstellen


Alle Komponenten sind eng miteinander gekoppelt und teilen sich häufig eine gemeinsame Datenbank und Infrastruktur.

2.2 Vorteile des Monolithen

Trotz seines teilweise negativ konnotierten Images bietet der Monolith eine Reihe handfester Vorteile – insbesondere in frühen Projektphasen oder bei stabilen, wenig veränderlichen Geschäftsmodellen:


  • Zentrale Entwicklungslogik: Einfacheres Debugging, weniger Infrastrukturkomponenten
  • Kurze Einarbeitungszeit: Entwickler überblicken das Gesamtsystem
  • Weniger operativer Overhead: nur ein Build-, Test- und Deployment-Prozess
  • Effizienz im MVP-Kontext: ideal für schnelle Markteinführung und Validierung


Insbesondere für Startups, interne Anwendungen oder Systeme mit stabiler Domänenlogik kann ein Monolith eine wirtschaftlich kluge Wahl sein.

2.3 Herausforderungen und Grenzen

Die Vorteile des Monolithen kehren sich mit wachsender Komplexität oft ins Gegenteil:


  • Skalierung ist global: einzelne Funktionen können nicht unabhängig skaliert werden
  • Langsame Releasezyklen: Änderungen an einer Funktion ziehen Regressionstests der gesamten Anwendung nach sich
  • Technologische Starre: Migration zu neuen Technologien erfordert Umbau des gesamten Systems
  • Abhängigkeiten im Code: oft entstehen enge Kopplungen zwischen Modulen, was die Wartbarkeit erschwert


Ein weiteres Risiko ist die sogenannte „Big Ball of Mud“-Entwicklung: Ohne klare Modulgrenzen verkommt der Code über die Zeit zu einer undurchsichtigen, schwer wartbaren Struktur.



3. Microservices – Prinzipien, Potenziale und Risiken

3.1 Definition und Architekturprinzipien

Die Microservice-Architektur basiert auf der Idee, eine Anwendung in eine Sammlung kleiner, autonomer Dienste zu zerlegen, die jeweils eine klar umrissene Fachfunktion abbilden. Diese Dienste:


  • kommunizieren meist über standardisierte Schnittstellen (REST, gRPC, Messaging),
  • verwalten ihre eigenen Daten (Data Ownership),
  • werden unabhängig entwickelt, getestet und deployed,
  • sind technologisch voneinander entkoppelt.


In der Praxis bedeutet das: Statt einer zentralen Codebasis existieren viele kleine, spezialisierte Codebasen – jeweils mit eigenem Lebenszyklus und potenziell eigenem Technologie-Stack.

3.2 Vorteile von Microservices

Microservices bieten insbesondere in skalierenden, agilen IT-Umgebungen eine Reihe strategischer Vorteile:

Technologische Entkopplung

Jedes Team kann die für den Use Case am besten geeignete Technologie wählen – z. B. unterschiedliche Programmiersprachen, Datenbanken oder Frameworks.

Unabhängige Deployments

Neue Features oder Bugfixes können gezielt für einzelne Services ausgerollt werden, ohne die gesamte Anwendung neu zu deployen. Dies reduziert Downtimes und erhöht die Innovationsgeschwindigkeit.

Skalierbarkeit auf Dienstebene

Nur jene Komponenten, die tatsächlich unter hoher Last stehen, müssen skaliert werden. Dies ermöglicht eine ressourcenschonende und kostenoptimierte Skalierung.

Resilienz und Fehlertoleranz

Ein Ausfall eines einzelnen Dienstes muss nicht zum Systemausfall führen – bei gutem Design entsteht eine robuste, fehlertolerante Systemlandschaft.

Förderung der Teamautonomie

Microservices unterstützen das Modell „You build it, you run it“: Entwicklungsteams tragen die End-to-End-Verantwortung für ihre Services. Dies erhöht Qualität, Verantwortungsgefühl und Innovationskraft.

3.3 Herausforderungen in der Praxis

So überzeugend die theoretischen Vorteile sind – die Praxis zeigt auch erhebliche Einstiegshürden:

Komplexität in der Infrastruktur

Die Zahl der zu betreibenden Artefakte steigt exponentiell. Themen wie Service Discovery, API-Gateways, Monitoring, Logging, Tracing, Security, Konfigurationsmanagement werden zu unternehmenskritischen Disziplinen.

Verteilte Transaktionen

Ein konsistenter Datenzustand über mehrere Dienste hinweg ist schwierig. Eventual Consistency, Compensating Transactions und asynchrone Kommunikation sind notwendig, aber schwer umzusetzen.

Organisatorischer Reifegrad erforderlich

Microservices entfalten ihr volles Potenzial nur in Organisationen, die:


  • DevOps-Praktiken leben,
  • Continuous Delivery implementiert haben,
  • verteilte Teams effizient organisieren können,
  • produktzentriert statt projektzentriert denken.


Monitoring & Observability

Die Transparenz im Betrieb (Was läuft wo? Warum ist etwas langsam?) muss durch zentrale Tools und einheitliche Standards sichergestellt werden – dies ist technisch und kulturell herausfordernd.



4. Architekturvergleich im Detail: Kriterienbasierte Gegenüberstellung


Um die Unterschiede systematisch zu beleuchten, folgt ein Kriterienvergleich:

Kriterium Monolith Microservices
Struktur Eine Einheit / gemeinsamer Code Viele unabhängige Dienste
Deployment Ein Artefakt. zentrale Auslieferung Unabhängige Deployments je Dienst
Skalierbarkeit Anwendung als Ganzes Skalierung auf Ebene einzelner Services
Technologievielfalt Einheitlich Unterschiedlich je nach Service
Fehlerisolation Schwach - Fehler oft systemweit wirksam Hoch - Fehler begrenzt auf betroffenen Dienst
Teamorganisation Zentralisierte Teams Autonome, funktionsübergreifende Teams
Testbarkeit Zentralisiert, aber aufwendig Isolierte Tests möglich, aber Integrationsaufwand
Performance Schnell durch lokale Aufrufe Potenziell langsamer durch Netzwerkkommunikation
Time-to-Market Langsamer bei wachsendem Code Schnellere Releases durch parallele Entwicklung
Initialaufwand Gering Hoch (z.B. Aufbau CI/CD - Service Registry etc.)
Langfristige Wartbarkeit Sinkt mit wachsender Codebasis Höher durch Begrenzung der kognitiven Komplexität

5. Strategische Entscheidungsfaktoren für Unternehmen


Die Wahl zwischen Monolith und Microservices sollte keinesfalls rein technikgetrieben erfolgen. Eine tragfähige Architekturentscheidung basiert auf einer Analyse geschäftlicher Anforderungen, organisatorischer Fähigkeiten und technologischer Reife.


Im Folgenden werden zentrale strategische Entscheidungskriterien dargestellt.

5.1 Organisatorische Reife

Der Erfolg einer Microservice-Architektur steht und fällt mit der organisatorischen Reife der beteiligten Teams. Wichtige Voraussetzungen:


  • DevOps-Mindset: „You build it, you run it“ erfordert Eigenverantwortung und fundierte Betriebskompetenz.
  • Continuous Delivery / CI/CD: automatisierte Test- und Releaseprozesse sind essenziell.
  • Plattformkompetenz: Logging, Monitoring, Security, Netzwerk – alles muss skalierbar orchestriert werden.
  • Teamorganisation entlang von Domänen: Cross-funktionale, produktorientierte Teams harmonieren mit Microservices. In silobasierten Organisationen stößt das Modell an Grenzen.


Faustregel: Wenn eine Organisation noch keine produktive CI/CD-Pipeline betreibt oder hohe technische Schulden trägt, ist ein Monolith oft der realistischere Einstiegspunkt.

5.2 Komplexität des Geschäftsmodells

Microservices entfalten ihre Stärken insbesondere bei:


  • Vielfalt der Produktlinien
  • hoher Änderungsdynamik
  • Global verteilten Teams
  • Schnellem Feature-Wachstum


In einfachen, stabilen Geschäftsmodellen oder bei geringem Veränderungsdruck hingegen ist ein Monolith effizienter in Aufbau und Betrieb.

5.3 Skalierbarkeit und Lastverteilung

Microservices ermöglichen:


  • Lastverteilung pro Dienst (z. B. bei hoher Nutzung des Authentifizierungsmoduls)
  • Technisch differenzierte Skalierung (z. B. CPU-intensive Prozesse getrennt von I/O-lastigen)
  • Cloud-native Nutzung von Ressourcen (Autoscaling, Containerisierung)


Für Unternehmen mit klar absehbarem Wachstum oder Lastspitzen ist das ein kritischer Vorteil.

5.4 Technologische Zielarchitektur

Unternehmen, die:


  • eine API-first-Strategie verfolgen
  • moderne Schnittstellen anbieten (z. B. OpenAPI, GraphQL, Event-Driven-Design)
  • oder auf Cloud-native Plattformen setzen (Kubernetes, Service Mesh, Serverless)


profitieren langfristig von einer Microservice-Struktur.

5.5 Wirtschaftlichkeit und Ressourcenlage

Nicht zu unterschätzen sind die Initialkosten einer Microservice-Einführung:


  • Aufbau von Infrastruktur (CI/CD, Logging, Monitoring)
  • Schulung von Teams
  • Refactoring bestehender Anwendungen
  • Laufender Betrieb von deutlich mehr Komponenten


Gerade kleinere Unternehmen oder Teams mit begrenztem Budget profitieren anfangs von der einfacheren Betriebskostenstruktur eines Monolithen.



6. Migrationspfade: Vom Monolith zur Microservice-Architektur


Ein vollständiger Umstieg von Monolith auf Microservices ist selten ein „Big Bang“, sondern eher ein evolutionärer Prozess. Dabei haben sich verschiedene Migrationsstrategien etabliert.

6.1 Modularer Monolith als Übergangsform

Ein modular aufgebauter Monolith trennt Verantwortlichkeiten klar, bleibt aber ein gemeinsames Deployment-Artefakt. Vorteile:


  • Trennung von Zuständigkeiten ohne verteilte Infrastruktur
  • Einstieg in Domain-driven Design
  • Vorbereitung auf spätere Extraktion in eigenständige Services


Ein modularer Monolith eignet sich hervorragend als Zwischenschritt in frühen Projektphasen, da er Flexibilität schafft und technische Schulden reduziert.

6.2 Strangler Pattern

Das Strangler Fig Pattern orientiert sich an der gleichnamigen Pflanze, die einen Baum umschließt und ihn schrittweise ersetzt:


  1. Der bestehende Monolith bleibt zunächst erhalten.
  2. Neue Funktionen oder isolierbare Bestandteile werden als Microservices implementiert.
  3. Bestehende Module werden sukzessive extrahiert.
  4. Der Monolith wird langsam „ausgetrocknet“, bis er überflüssig ist.


Dieses Vorgehen hat sich in Legacy-Systemen mit hohem Geschäftsrisiko als besonders robust erwiesen.

6.3 Funktionale Zerlegung nach Domänen

Die Zerlegung in Microservices erfolgt idealerweise entlang fachlicher Domänen (Bounded Contexts) – z. B. in:


  • Benutzerverwaltung
  • Rechnungserstellung
  • Versandlogistik
  • Reporting


Diese Entkopplung folgt den Prinzipien des Domain-driven Design (DDD) und erleichtert die Governance.

6.4 Technischer Katalysator: API-Gateways & Messaging

Zentrale Werkzeuge für den Übergang:


  • API-Gateways: abstrahieren den Zugriff auf Alt- und Neusysteme
  • Eventbus oder Message Broker (z. B. Kafka): ermöglicht asynchrone Kommunikation zwischen Diensten
  • Service Mesh: übernimmt Routing, Monitoring, Security – insbesondere bei großem Systemvolumen


6.5 Risiken und Stolpersteine im Migrationsprozess

  • Datenentkopplung ist schwierig: Geteilte Datenbanken blockieren echte Service-Autonomie
  • Zweites Systemsyndrom: Neuentwicklungen neigen zur Überkomplexität
  • Rückschritt in der Qualitätssicherung, wenn Test- und CI-Prozesse nicht mitwachsen


Ein begleitendes Transition Management mit klaren Metriken (z. B. Services in Produktion, MTTR, Deployment-Frequenz) ist unerlässlich.


7. Technologische und organisatorische Erfolgsfaktoren


Der Aufbau einer tragfähigen Microservice-Architektur oder der effiziente Betrieb eines skalierenden Monolithen verlangt eine konsequente Verbindung technischer Exzellenz und organisatorischer Klarheit. Unabhängig von der gewählten Architektur sind bestimmte Erfolgsfaktoren essenziell für nachhaltigen Betrieb und Entwicklung.

7.1 Technologische Erfolgsfaktoren für Microservices

Service-Schnittstellen und API-Design

  • Konsistentes API-Design (REST, gRPC, GraphQL)
  • Einsatz von API-Gateways zur Versionierung, Sicherheit und Zugriffskontrolle
  • Definition und Pflege einer unternehmensweiten API-Governance

Service Registry & Discovery

  • Zentrale Serviceregistrierung (z. B. Consul, Eureka)
  • Automatisierte Lastverteilung durch Service-Mesh oder Reverse-Proxy

Containerisierung & Orchestrierung

  • Docker als Basis für reproduzierbare Deployments
  • Kubernetes für automatisiertes Management, Skalierung und Self-Healing

DevOps & CI/CD

  • Vollautomatisierte Build-, Test- und Deploymentprozesse
  • Infrastructure as Code (IaC) für reproduzierbare Betriebsumgebungen
  • Rollback-Mechanismen und Canary Deployments zur Ausfallsicherheit

Monitoring & Observability

  • Zentralisiertes Monitoring mit Prometheus, Grafana, ELK oder OpenTelemetry
  • Distributed Tracing (z. B. Jaeger, Zipkin) zur Analyse von Transaktionen über Servicegrenzen hinweg
  • Fehlererkennung und Alerting als Standard – nicht als Nachgedanke

7.2 Organisatorische Erfolgsfaktoren

Domänenorientierte Teamstruktur

  • Teams besitzen vollständige Verantwortung für einen geschlossenen Funktionsbereich („you build it, you run it“)
  • Keine Überschneidung von Zuständigkeiten – klare Bounded Contexts

Produktzentriertes Denken

  • Fokus auf Business Capabilities, nicht auf technische Module
  • IT als strategischer Treiber, nicht als operatives Hilfsmittel
  • Einbindung von Stakeholdern in die Gestaltung technischer Roadmaps

Lean Governance und Architekturrichtlinien

  • Nicht jedes Team „macht, was es will“ – Leitplanken definieren:
  • Sicherheitsstandards
  • Infrastrukturvorgaben
  • Deployment-Zyklen
  • Architekturboards oder Tech-Radar als moderierendes, nicht dirigierendes Element

Kultur der kontinuierlichen Verbesserung

  • Retrospektiven auf Architektur-Ebene
  • Experimente und Prototypen als Lernform
  • Strategisches „Technology Debt Management“


8. Lessons Learned aus der Praxis


Die Implementierung von Monolithen oder Microservices verläuft in der Realität selten idealtypisch. Im Folgenden eine Auswahl zentraler Lernerfahrungen aus Transformationsprojekten in mittleren und großen IT-Landschaften:

8.1 Microservices sind kein Selbstzweck

Viele Organisationen sind an Microservices gescheitert, weil sie:


  • den organisatorischen Reifegrad überschätzt haben,
  • technische Komplexität unterschätzt haben,
  • oder keine klare fachliche Modularisierung vorgenommen haben.


Erkenntnis: Microservices entfalten ihr Potenzial nur im passenden Kontext.

8.2 Monolithen sind nicht „falsch“ – sondern oft unterschätzt

Gerade in MVP-Phasen oder bei kleineren Systemen ist der Monolith:


  • schneller produktiv
  • einfacher zu betreiben
  • weniger fehleranfällig im Setup


Viele erfolgreiche Systeme (z. B. Basecamp, Shopify) sind bewusst monolithisch – mit klarer Modularisierung und modernem Deployment.

8.3 Datenzentralismus bremst Service-Autonomie

Der vielleicht häufigste Fehler bei Microservices ist die gemeinsame Nutzung zentraler Datenbanken. Dadurch entstehen:


  • enge Kopplungen
  • Konflikte bei Datenmodell-Änderungen
  • keine echte Service-Unabhängigkeit


Best Practice: Jeder Service ist Owner seiner Daten – inkl. Persistenz, Migration und Zugriffskontrolle.

8.4 Observability ist ein Muss – kein Add-on

Monitoring und Logging werden häufig erst eingerichtet, wenn Probleme auftreten. In verteilten Systemen ist dies katastrophal.


  • Ohne Metriken keine Skalierungsentscheidungen
  • Ohne Logs keine Root-Cause-Analyse
  • Ohne Tracing keine Sichtbarkeit über Servicegrenzen hinweg


Tipp: Observability gehört in jede Architekturplanung von Tag 1 an.

8.5 Governance ≠ Bürokratie

Ein häufiges Missverständnis: Microservices führen zu „freier Entfaltung“. In Wahrheit brauchen sie:


  • Technologische Leitplanken
  • Sicherheits- und Compliance-Standards
  • Verantwortlichkeiten und Eskalationspfade


Die Kunst liegt in einer Balance zwischen Autonomie und Standardisierung – ermöglicht durch Architekturgremien mit strategischem Mandat.


9. Fazit – Architekturentscheidung als strategischer Hebel

Die Entscheidung zwischen einer monolithischen Architektur und einem Microservice-Ansatz ist weit mehr als eine technische Weichenstellung – sie ist ein strategischer Hebel für die digitale Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.

9.1 Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“

Beide Architekturmuster haben ihre Berechtigung – und ihre Grenzen. Ein Monolith ist nicht per se veraltet, sondern bietet gerade bei einfachen, stabilen Anwendungsfällen hohe Effizienz und Robustheit. Microservices dagegen sind kein Allheilmittel, sondern entfalten ihren Nutzen nur, wenn Organisation, Technologie und Kultur darauf ausgerichtet sind.

9.2 Der Weg ist evolutionär – nicht revolutionär

Viele erfolgreiche Unternehmen setzen auf einen hybriden Ansatz:


  • Sie starten bewusst mit einem modularisierten Monolithen.
  • Sie bauen skalierbare Plattformstrukturen (CI/CD, Container, Observability).
  • Sie lösen gezielt Domänen über das Strangler Pattern in Microservices heraus.
  • Sie priorisieren betriebsrelevante Services – nicht die vollständige Dekonstruktion.


Schlüssel zum Erfolg ist nicht der „perfekte Startpunkt“, sondern die Fähigkeit zur iterativen Weiterentwicklung der Architektur im Einklang mit dem Geschäft.

9.3 Architektur folgt Geschäftsstrategie – nicht umgekehrt

Ob Monolith oder Microservices: Die Architektur muss dem Unternehmen dienen, nicht umgekehrt. Das bedeutet:


  • Die Architektur muss wachstumsfähig, aber auch betrieblich beherrschbar sein.
  • Sie muss zur Teamstruktur und zur Produktvision passen.
  • Und sie muss regelmäßig überprüft, angepasst und priorisiert werden.


Unternehmen, die ihre Architektur strategisch denken, gewinnen Geschwindigkeit, Innovationsfähigkeit und Skalierungsspielraum – während andere in technischen Sackgassen und operativen Bottlenecks verharren.

9.4 Handlungsempfehlung

Ausgangslage Empfohlener Ansatz
MVP / frühe Phase Modularer Monolith
Kleine Organisation mit wenig DevOps-Erfahrung Stabiler Monolith mit klarer Modularisierung
Skalierendes Produkt, verteilte Teams Microservices, Domänenorientierung, CI/CD
Legacy-System mit hoher Last Strangler Pattern + API-Gateway
Cloud-native Plattformstrategie Microservices mit Container & Service Mesh

9.5 Abschließende Gedanken

IT-Architektur ist ein kontinuierlicher Gestaltungsprozess. Sie muss navigieren zwischen:


  • Standardisierung und Innovation
  • Schnelligkeit und Stabilität
  • Autonomie und Governance


Die Wahl zwischen Monolith und Microservices ist dabei nicht nur technischer Natur, sondern Ausdruck der Fähigkeit eines Unternehmens zur strategischen IT-Führung.



Ein klarer Architekturkompass, kombiniert mit fundierter Analyse, schrittweiser Umsetzung und kultureller Reife, ist der Schlüssel zu erfolgreichen, nachhaltigen Softwarelandschaften.

von Dennis Hahne 2. Juni 2025
Monolith vs. Microservices im Infrastrukturvergleich 1. Einleitung Die IT-Infrastruktur ist längst kein passiver Hintergrunddienst mehr. Sie ist ein aktiver Enabler – oder Blockierer – für Geschwindigkeit, Skalierbarkeit, Sicherheit und Innovationsfähigkeit in digitalen Organisationen. Dabei spielt die zugrundeliegende Softwarearchitektur eine entscheidende Rolle: Ob ein Unternehmen auf Monolithen oder Microservices setzt, wirkt sich unmittelbar auf die erforderliche Infrastruktur aus. Was in der Softwareentwicklung als Architekturstil beginnt, endet im Rechenzentrum, im Cloud-Stack, in Netzwerkdesigns, in CI/CD-Pipelines – und schließlich im Alltag von Betriebsteams. Dieser Beitrag beleuchtet die infrastrukturellen Konsequenzen beider Ansätze: Welche Infrastrukturen sind für Monolithen typisch, welche sind für Microservices erforderlich? Welche Herausforderungen entstehen im Betrieb? Was bedeutet das für Security, Skalierung, Automatisierung und Monitoring? Und: Welche Strategie passt zu welchem Reifegrad? Ziel ist eine praxisorientierte, tiefgehende Analyse für Entscheidungsträger und Architekten, die verstehen wollen, wie tief Architektur und Infrastruktur tatsächlich miteinander verflochten sind – und was das für ihre eigene Systemlandschaft bedeutet. 
von Dennis Hahne 18. Mai 2025
Kapitel 1: Einleitung – Warum IT-Projekte scheitern (und was man daraus lernen kann) Die IT ist das Rückgrat vieler Geschäftsmodelle – und doch ist das Management von IT-Projekten nach wie vor eine der größten Herausforderungen für Unternehmen. Studien wie der Chaos Report der Standish Group oder Analysen von McKinsey und KPMG zeigen regelmäßig alarmierende Zahlen: Ein erheblicher Anteil an IT-Projekten verfehlt Zeit-, Budget- oder Qualitätsziele. Manche Projekte scheitern sogar vollständig. Typische Gründe für das Scheitern: Unklare Zieldefinition oder wechselnde Anforderungen Fehlendes Stakeholder-Management Unzureichende Ressourcenplanung Kommunikationsmängel im Team Technologische Komplexität und mangelndes Architekturverständnis Ungeeignete Projektmethodik (z. B. zu starre Planung bei agiler Projektlandschaft) Die IT-Branche kennt diese Muster – und doch werden sie immer wieder reproduziert. Warum? Weil Projektmanagement häufig als formale Disziplin verstanden wird, nicht als ganzheitliches Steuerungsinstrument. Ziel dieses Beitrags ist es, die entscheidenden Erfolgsfaktoren für IT-Projekte herauszuarbeiten – unabhängig davon, ob klassisch, agil oder hybrid gearbeitet wird. Die hier vorgestellten Konzepte basieren auf Praxisbeispielen, standardisierten Methoden (z. B. PMI, PRINCE2, Scrum) und Erkenntnissen aus der Beratung internationaler IT-Projekte. Kapitel 2: Projektphasen im Überblick – Struktur schafft Orientierung Jedes IT-Projekt durchläuft typische Phasen – unabhängig von der gewählten Methodik. Selbst in agilen Ansätzen gibt es implizite Projektabschnitte. Das Verständnis dieser Phasen ist entscheidend für Planung, Controlling und Risikomanagement. 2.1 Klassisches Phasenmodell Das traditionelle Phasenmodell umfasst : Initiierung : Projektidee, Grobanalyse, Machbarkeit, Business Case Planung : Aufwandsschätzung, Ressourcenplanung, Risikomanagement Durchführung : Technische Umsetzung, Entwicklung, Customizing Überwachung & Steuerung : Meilensteintracking, Eskalationsmanagement Abschluss : Abnahme, Dokumentation, Lessons Learned
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